Panorama

Mann stellt sich der Polizei Verdächtiger nach Messerangriff von Solingen festgenommen

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Die Ermittler haben nach dem Attentat in Solingen einen Tatverdächtigen festgenommen, der sich gestellt haben soll. Der aus Syrien stammende Mann wird vernommen. Es sollen Beweisstücke vorliegen.

Die Polizei hat im Zusammenhang mit dem Messerangriff von Solingen einen Tatverdächtigen festgenommen. Das gab Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul bekannt. "Der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns im Gewahrsam", sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul am Samstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Der Mann sei im "höchsten Maße" tatverdächtig und werde jetzt vernommen. Zuvor hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Tat für sich reklamiert, eine Bestätigung der Sicherheitsbehörden für ein islamistisches Tatmotiv gibt es bislang aber nicht.

Es soll sich um einen 26-jährigen Syrer handeln, wie eine Sprecherin der Polizei Düsseldorf sagte. Dieser habe sich selbst bei den Ermittlungsbehörden gestellt und angegeben, für den Anschlag verantwortlich zu sein, hieß es zuvor in einer gemeinsamen Pressemeldung der Generalstaatsanwaltschaft und der Polizei Düsseldorf.

Mit Blick auf eine Durchsuchung in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen sagte Reul, dies sei ein Teil von weitergehenden Informationen gewesen, die verwertet worden seien. "Aber das war nicht das, was wir gewollt haben. Wir haben den ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt, und ich kann Ihnen sagen, dass wir vor wenigen Minuten diese heiße Spur erfolgreich beendet haben, der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam."

Zuvor Festgenommene wohl nicht tatverdächtig

Wenige Stunden zuvor hatte die Polizei bereits in einer Solinger Flüchtlingsunterkunft, die nicht weit vom Anschlagsort in der Innenstadt entfernt ist, einen Mann festgenommen. Am Morgen war zudem ein 15-Jähriger festgenommen worden, der mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden haben könnte. "Das waren aber sehr wahrscheinlich, immer noch vorsichtig gesagt, nicht diejenigen, die wir wirklich verdächtigen", sagte Reul mit Blick auf die beiden Festnahmen.

Der "Spiegel" berichtete, dass die Einsatzkräfte in der Flüchtlingsunterkunft lediglich einen Mann abgeführt hätten, der als mutmaßlicher Zeuge vernommen werde. Die Polizei habe auch den Hauptverdächtigen in der Unterkunft vermutet, hieß es weiter. Die Einsatzkräfte hatten die Unterkunft gestürmt. Dabei war auch ein Spezialeinsatzkommando im Einsatz.

Mit Blick auf den 15-Jährigen hatten Ermittler bereits zuvor erklärt, dass sie ihn nicht für den Täter halten. Als möglicher Vorwurf gegen ihn steht die Nichtanzeige geplanter Straftaten im Raum. "Nach vorliegenden Zeugenaussagen soll eine bislang unbekannte Person kurz vor dem Angriff mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers am Samstagnachmittag. Bei dem 15-Jährigen handelt es sich dem "Spiegel" zufolge um einen Kirgisen, der in einer Flüchtlingsunterkunft lebt. Er verweigere die Aussage, hieß es.

Reul: Beweisstücke gefunden

Es sei zu früh, um zu bewerten, ob die Festnahme letztlich ein Erfolg sei. "Ich selber bin im Moment ein Stück zunächst mal erleichtert", sagte Reul. "Ich kann Ihnen nur sagen, es ist jetzt mehr als eine Vermutung. Wir haben nicht nur einen Hinweis auf diese Person gehabt, sondern wir haben auch Beweisstücke gefunden."

Ob es sich dabei um die Tatwaffe handelt, sagte er nicht. Die Polizei hatte zuvor lediglich mitgeteilt, man habe mehrere Messer sichergestellt, die untersucht würden. So solle geklärt werden, ob eines der Tat zuzuordnen sei.

Nach "Spiegel"-Informationen kam der nun festgenommene Mann Ende Dezember 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt.

Ein Mann hatte am Freitagabend auf einem Jubiläumsfest der Stadt Solingen im Bergischen Land offenbar willkürlich auf Umstehende eingestochen. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer.

IS reklamiert Angriff für sich

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte den Anschlag in Solingen für sich. Ein "Soldat" des IS habe den Angriff "auf eine Versammlung von Christen in der Stadt Solingen in Deutschland" am Freitag verübt, teilte das IS-Propaganda-Organ Amaq im Onlinedienst Telegram mit. Der Angreifer habe damit "Rache" für Muslime in den Palästinensergebieten und anderswo auf der Welt geübt.

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Auch die Düsseldorfer Polizei erhielt nach eigenen Angaben ein Bekennerschreiben des IS. Jetzt müsse geprüft werden, ob dieses Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher. Aus Ermittlerkreisen wurde darauf hingewiesen, dass der IS in der Vergangenheit öfter eine Tat für sich reklamiert habe, ohne dass es für eine wirkliche Zusammenarbeit mit dem Täter belastbare Hinweise gegeben habe. Ob der nun Festgenommene eine Verbindung zum IS hat, ist offen.

Deutschlandweit löste die Tat von Solingen große Betroffenheit aus. Am Sonntagmorgen soll es in Gedenken an die Opfer einen ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Stadtkirche geben. Ab 10 Uhr gebe es dort "einen geschützten Raum für alle, die mittrauern, mitsingen und mitbeten wollen", sagte Stadtdechant Michael Mohr. Die Kirche liegt unweit vom Tatort. Schon am Samstagabend gab es in der Solinger Fußgängerzone eine Andacht, an der Hunderte um die Opfer trauernde Menschen teilnahmen.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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